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Ein anderer Blick auf die Gesundheit
Auf die Frage »Was ist dir wichtig im Leben«, hört man oft die Antwort »Gesundheit«.
Was bedeuten aber die Begriffe Gesundheit und Krankheit? Ist Gesundheit wirklich nur »ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen« (Verfassung der Weltgesundheitsorganisation, deutsche Übersetzung).
Oder ist der Zustand der Gesundheit nicht auch eine subjektive Einschätzung des Einzelnen, eine Momentaufnahme? Es gibt Tage, an denen man morgens aufsteht und sich voller Energie fühlt, andere wiederum, an denen man sich ohne einen genauen Grund nennen zu können, völlig erschöpft und ausgelaugt fühlt. Würde man in so einem Moment die Frage »Bist du gesund« « mit »Ja« beantworten?
Es stellt sich also die Frage von welchen Faktoren der Zustand der subjektiven Gesundheit abhängt. Allein die körperliche Unversehrtheit ist es nicht, die diesen Zustand bestimmt. Ob man sich gesund oder krank, glücklich oder unglücklich fühlt, hängt auch von der individuellen subjektiven Wahrnehmung ab.
Und hier nähern wir uns einem sehr interessanten Ansatz zur Gestaltung der individuellen Wahrnehmung an. Dieser Ansatz beschäftigt sich mit dem Thema, wie die Prozesse der Wahrnehmung funktionieren und wie jeder einzelne mit diesen Prozessen sinnvoll arbeiten kann.
Die Wahrnehmung des Einzelnen kann nie die gesamte »Wirklichkeit« umfassen. Wir können zwischen der »äußeren Wahrnehmung« und der »Wahrnehmung innerer Prozesse« unterscheiden.
Die äußere Wahrnehmung geschieht durch die Aufnahme der Sinneseindrücke (visuell – Augen, auditiv – Ohren, kinästetisch – Gefühle, körperliches Empfinden, olfaktorisch- Nase) und gustatorisch – Zunge und Nase). Die Wahrnehmung innerer Prozesse bedient sich der gleichen Qualitäten. Wir haben innere Bilder, Gedanken die wir in Worte wahrnehmen und Gefühle die wir spüren.
Die Informationen, die wir über diese Kanäle erhalten sind völlig wertungsfrei. Erst durch die Beurteilung und Bewertung dieser Informationen, bekommt sie für das menschliche Erleben eine Bedeutung.
Sinneseindrücke → Bewertung → Erleben
Die Bewertung dieser Sinneseindrücke ist zum Beispiel davon abhängig, was man als gut oder schlecht, als richtig oder falsch oder als wichtig oder unwichtig empfindet. Auch wird hier entschieden, ob dieser Sinneseindruck möglicherweise gar nicht in unser Bewusstsein und somit unser Erleben vordringt. Ein weiterer Begriff, der hierbei Bedeutung erhält, ist der Aufmerksamkeitsfokus. Möglicherweise haben Sie sich schon einmal dazu entschlossen ein Auto zu kaufen. Nachdem die Entscheidung gefallen ist, welches Auto Sie kaufen möchten, fahren plötzlich viel mehr dieser Automarke auf den Straßen herum. Ist das wirklich so? Oder hat sich nur unser Aufmerksamkeitsfokus verschoben.
Was hat das denn nun alles mit Gesundheit zu tun?
Wie wir unseren Gesundheitszustand bewerten, hängt zum Beispiel davon ab, wie wir eventuelle körperliche Einschränkungen bewerten. Es hängt auch davon ab, wohin unser Aufmerksamkeitsfokus gerichtet ist. Richten wir unser Augenmerk nur darauf was nicht mehr funktioniert oder konzentrieren wir uns auch auf die Dinge, die wir auch mit einer eventuellen körperlichen Einschränkungen noch leisten können. Manche Patienten richten ihre Aufmerksamkeit auf die Vergangenheit, d.h. sie vergleichen frühere körperliche Zustände mit aktuellen. Dies kann Vor- und Nachteile haben. Günstig kann dies sein, wenn man vor einem Jahr aufgrund einer Verletzung etwas noch nicht konnte und man jetzt schon Fortschritte wahrnimmt. Ungünstig ist es, wenn man eine frühere gute Leistungsfähigkeit mit einer heute eingeschränkten Leistungsfähigkeit vergleicht. Damit richtet man seine Aufmerksamkeit eher auf Defizite. Bei Patienten, die Ihren Aufmerksamkeitsfokus in die Zukunft auf ein Ziel hin ausrichten, kann man oft einen besseren Fortschritt in der Rehabilitation erkennen. Patienten, die ihre Aufmerksamkeit nicht ausschließlich auf Defizite sondern auf Möglichkeiten richten, sind in der Regel auch motivierter und lassen sich durch mögliche Rückschläge nicht so schnell entmutigen.
In vielen Bereichen beschäftigen sich Menschen mit dem Zusammenhang zwischen Körper und Geist. Nicht nur in der Medizin sondern auch in der Philosophie ist dies schon seit Jahrhunderten ein Thema. Auch in der Physiotherapie gewinnt dieses Thema immer mehr an Bedeutung.
Physiotherapeuten sind nicht nur Experten bei der Behandlung körperlicher Einschränkungen, sondern sie sind auch kompetente Begleiter von Patienten in schwierigen Lebenssituationen. In einer guten Ausbildung erhalten die zukünftigen Physiotherapeuten nicht nur fachliche Kompetenz sondern entwickeln sich auch menschlich enorm weiter.